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Diverse ältere
Kritiken
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Die Märkische Allgemeine Zeitung
schreibt am 28. Dezember 2001 über unsere Aufführung des
Weihnachtsoratoriums::
Bach hätte sich gefreut
Weihnachtsoratorium
in Potsdam
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UWE FRIEDRICH
Voller Elan und mit tänzerischer Freude begrüßen
die Musiker das weihnachtliche Heilsgeschehen. Fröhlich
Wird gejauchzt und frohlockt im Eingangschor zu Johann Sebastian
Bachs
Weihnachtsoratorium, dessen Kantaten eins bis drei die Kammerakademie
Potsdam nun mit den Vocal- Concertisten unter Kristian Commichau
am ersten Feiertag im Nikolaisaal aufführte .
Zwar gibt es im Weihnachtsoratorium keine dramatische Handlung
wie in Bachs Passionsmusiken, dennoch entwickelt der Dirigent
eine innere Handlung: Im ersten Teil versuchen die Choralsätze
noch, das ungeheure Geschehen der Menschwerdung Christi
durch Fragen und Bitten zu verstehen. Der zurückhditende
Ton steht noch im Kontrast zu den königlich schmetternden
Pauken und Trompeten, den traditionellen Herrscherinstrumenten,
die Bach zum Willkommen des Gottessohns einsetzt. Im Verlaufe
der drei Kantaten begreift der Chor immer tiefer, was geschieht.
Der Jubel auch der kommentierenden Choräle wird unmittelbarer.
Diese Farbwechsel machen den Vortrag des famos singenden
Chors der Vocal-Concertisten zu einem Ereignis.
Auch die polyphonen Verästelungen der großen
Chöre werden virtuos aufgefächert, so dass die
Frohe Botschaft einen Widerhall in der Gemeinde, repräsentiert
durch den Chor, findet.
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Mit dem Tenor Andreas Karasiak steht freilich ein äußerst
beredter Erzähler zur Verfügung, der die Weihnachtsgeschichte
angemessen heiter und gelassen erzählt und auch bei
der ungeheuer schwierigen Koloraturarie "Frohe Hirten"
mit technischer Perfektion ebenso überzeugt wie mit
musikalischer Gestaltungskraft.
Um der exzellenten Sopranistin Allnette Dasch etwas mehr
Profilierungsmöglichkeit zu geben als von Bach ursprünglich
vorgesehen, hat Commichau die Arie "Süßer
Trost, mein Jesus kömmt" aus der gleichnamigen
Adventskantate aufgenommen. Eine willkommene Erweiterung
des Oratoriums, vor allem wenn die Arien mit solchem Charme
gesungen werden.
Komplettiert wurde das Solistenquartett durch den Bass Sebastian
Noack und die Altistin Christa Mayer, die beide so-wohl
lyrischen Glanz als auch dramatische Wucht beisteuerten.
Mit modernen Instrumenten, doch "historisch informiert"
spielte die Kammerakademie Potsdam zu Commichaus fast durchgehend
flotten Tempi, die kontemplativen Momente umso plastischer
herausarbeitend. Die Rezitative erhalten durch zwei hinzugefügte
Theorben mehr rhythmische Schärfe.
So hat Johann Sebastian Bach sein Weihnachtsoratorium garantiert
nie gehört- schon allein, weil der Thomanerchor damals
bestimmt schlechter sang als die Vocal-Concertisten. Aber
er hätte sich ganz bestimmt daran erfreut.
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Die Potsdamer Neuesten Nachrichten berichten am 27. Dezember
2001 über unsere Aufführung des Weihnachtsoratoriums::
Fröhliches und frohlockendes Preisen
Weihnachtsoratorium
mit der Kammerakademie und den Vocal-Concertisten im Nikolaisaal
VON
PETER BUSKE
Als Professor für Chor und Ensembleleitung an der Potsdamer
Universität hält Christian Commichau viel von
historischer Sorgfaltspflicht. Im Programmheft zur Aufführung
von Bachs "Weihnachtsoratorium" BWV 248 gibt er
davon Kunde.
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Und nicht ohne Bedacht wählte er den 25. Dezember,
um genau an diesem Tag (und 267 Jahre nach der Uraufführung
in der Leipziger Thomaskirche) daraus die drei ersten Kantaten
im Nikolaisaal aufzuführen. Was allerdings nur zum
Teil der Historie entsprach, denn die Kantaten II und III
hob Bach erst am zweiten und dritten Weihnachtsfeiertag
aus der Taufe.
Was auf damalige Aufführungspraxis schließen
ließ suchte Christian Commichau nachzuvollziehen.
Kammerakademie Potsdam und Vocal-Concertisten schwor er
dabei auf barocke Spiel- und Sangesweisen ein, die sich
in straffer Artikulation und genauer Phrasierung der notenphilologisch
genauestens ausgeforschten Vorlage offenbarten. Dazu gehörten
ein Singen und Musizieren, das sich durch einen weit gehend
objektivierenden Gefühlsausdruck auszeichnete. Die
Reinheit und Klarheit der instrumentalen wie menschlichen
Stimmen führte zu einem überaus transparenten,
auf absolute Deutlichkeit orientierten Klangbild. So wurde
der Aufenthalt an der klangsprudelnden, durchsichtigen und
von jeglichen romantischen Schwebstoffen freien Bach-Quelle
zweifellos zu einem besonderen Erlebnis.
Dass die Aufführung mit knapp zehnminütiger Verspätung
begann, mochte man noch verzeihen. Nicht, dass zwischen
zweiter und dritter Kantate eine Konzertpause von zwanzig
Minuten eingeschoben wurde, deren Grund - außer der
Jagd nach Schnittchen und Sekt - völlig uneinsichtig
blieb. War Commichau in seinem Hang zur theologischen Akribie
gar die Aufführungsgepflogenheit suspekt, die Kantaten
I bis III pausenlos zu spielen?! Uneinsehbar auch des Dirigenten
Verfahrensweise, in der Kantate I zwischen dem Choral "Wie
soll ich dich empfangen" {Nr. 5) und Rezitativ "Und
sie gebar ihrem ersten Sohn" (Nr. 6) die Sopranarie
"Süßer Trost, mein Jesus kommt" aus
Bachs gleichnamiger Adventskantate BWV 151 einzuschieben.
Er wolle dadurch, so Commichau im Programmheft, das "Ungleichgewicht
der vier 5olistenpartien zu Gunsten der Sopranistin verändern".
Wie, wenn sich Bach bewusst für dieses angebliche "Ungleichgewicht"
entschieden hätte?!!!
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In ihrem musikalischen Ausdruck erwies sich diese Arie
durchaus als ein Fremdkörper, wenngleich sich Annette
Dasch mit ihrem lyrischen und koloraturensicheren Sopran
alle Mühe gab, diesen Eindruck ein wenig abzumildern.
Ihr zur Seitestand die Flötistin Bettina Lange, die
nicht weniger exzellent auch dem Tenor Andreas Karasiak
bei seiner "Hirten"-Arie ihre Unterstützung
lieh. Lieblich und beweglich duettierten sie in verhalten-schöner
Innigkeit,was Herz und Sinne gleichermaßen labte.Mit
seiner weichen. aber nicht weichlichen, seiner hellen. offenen
und höhenangenehmen Stimme breitete er den Evangelistenbericht
in klarer Diktion und etwas psalmodierendem Erzählton
aus. Unterstützt wurde er dabei von einer stilkundigen
Continuo-Gruppe, bestehend aus Laute (Axel Wolf), Theorbe
(Ophira Zakai) und Violoncello (Jan-Peter Kuschel).
Kraftvoll singend und ausdrucksstark den Text ausdeutend,
bewies Sebastian Noack (Bass) alle Tugenden eines Oratoriensingers,
der - man hörte es unentwegt - sich seinen Feinschliff
bei Dietrich Fischer-Dieskau erwarb. Sehr konturiert und
geradezu fröhlich stimmte er die Arie "Großer
Herr und starker König" an, dabei von Trillerverzierungen
der strahlend-prächtig
blasenden Trompeten begleitet Konzertmeister Peter Rainer
umhüllte mit lieblich-süßem Geigenton die
Alt-Arie ."Schließe, mein Herze", die Christa
Mayer mit ihrer instrumental geführten Stimme etwas
nüchtern anstimmte. Wenig herzenserwärmend erklangen
auch die beiden anderen Arien. Sie hörten sich an.
als trüge eine Referentin aus dem Kultusministerium,
zu-
ständig für Ethik und Religion, Berichte über
die Vorbereitung zu einem zärtlichen Tete-a-tete mit
dem Bräutigam und die Aufforderungen zum Genießen
der Ruhe vor.
Dafür entschädigte das detailversessene, unpathetische,
affektgeladene, vergleichsweise zügige, aber nie überhetzte
oder effekthaschende Musizieren der Kammerakademie Potsdam,
die sich - wie in der Sinfonia - um einen herben Redeton
bemühte.Ihr in nichts nachstehend, jubilierten die
bestens präparierten Vocal-Concertisten den berühmten
Eingangschor. Stimmlich ausgewogen und sehr kultiviert priesen
sie die Tage, stimmten voll Fröhlichkeit und in schlichter
Intensität die diversen Choräle an. Der "Herzen
frohlockendes Preisen", so der festliche Abgesang in
Kantate III, wußte die Zuhörer im ausverkauften
Auditorium zu erreichen. Sie applaudierten stürmisch.
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Die Frankfurter Allgemeine Zeitung
bespricht am 6. Oktober 2001 unsere Aufführung von Purcells
"King Arthur":
Totalverzauberung
Purcells Semi-Oper
,,King Arthur" in der Heilig-Kreuz-Kirche
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Wenn der Innenraum der Kreuzberger Heilig-Kreuz-Kirche
in grünes Licht getaucht ist, wenn Laub oder Schneeflocken
fliegen, die Chorgesellschaft sich auf blumigen Altar-Auen
in die Arme sinkt, singt und sich räkelt, wenn vorn ein
halbnackter Mann liegt, der mit Wasser besprengt wird und
wohlig seufzt - wenn also in einer solchen Situation auf
einmal von draußen ein Martinshorn tönt, merkt man erst,
wie stark John Drydens/Henry Purcells ,,King Arthur" noch
immer wirkt. Trotz der dreihundert Jahre, die seit der Uraufführung
vergangen sind. Kaum zu entscheiden ist, wer dem Sog in
die Sagenwelt um König Arthur heute abend lieber nachgeben
wird: das Publikum, die Darsteller oder der Chor. Die Vocal-Concertisten
vielleicht noch am ehesten. Das junge, hochprofessionelle
Stimmenensemble nutzt in ,,King Arthur" alle Gelegenheiten
für die Zurschaustellung von Innigkeit und Ergriffenheit.
Es singt mit schlanker Eleganz; die leicht-beweglichen Sätze
gelingen den Musikern besonders gut. Das mag allerdings
auch daran liegen, daß bei Ernst und Langsamkeit niemand
direkt vor ihnen steht, um die Spannung zu halten. Schließlich
singen sie im ,,King Arthur" fast immer eigenständig und
fast immer auswendig. Sie sind das Zentrum der Aufführung
- und pochen ruhig auf diesem Anspruch. Mit der 1682 entstandenen
Purcellschen Motette ,,Hear my Prayer, o Lord", die Sven-David
Sandström 1985 in nebelnde Klang-flächen hat münden lassen,
klingt der Abend aus. Es waren die Vocal-Concertisten und
ihr Leiter Kristian Commichau selbst, die sich für die Semi-Oper
,,King Arthur" entschieden. Für ein Gemisch aus Schauspiel
und Oper also, sogenannten Stand-up-arias und Bühnenzauberei,
Sage, Märchen und Britannien-Geschichte. So kinoleinwandträchtig
wie die Stuttgarter Inszenierung vor einigen Jahren wird
es in Kreuzberg indes nicht. Aber für vier Stunden Entführung
und Totalverzauberung des Publikums und der schönen Emmeline
reicht es. König Arthur will sie, Oswald, König von Kent,
heidnischer Angelsachse, ist auch nicht abgeneigt. Beide
haben Zauberer - doch Arthurs sind smart und Oswalds ziemlich
unbeholfen.
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Arthur, der Ahnungslose: Hermann Große-Berg
Foto: Marie-Lou Sellem
Da ist einerseits Merlin, der Gentleman, zum andern Philidel,
der Hüpf- und Luftgeist. Oswald dagegen hilft Osmond, der
Magier, dem Erdgeist Grimbald in die Ohren schnauft. Hier
stehen sie nun, schicken die Briten in die Sümpfe, machen
Emmeline sehend, frieren sie ein und umgarnen Arthur, den
Arglosen.
Sämtlich gut gecastet sind die Solisten, Schauspieler und
Sänger der Aufführung. Zu ,,King Arthur" gehört freilich,
daß es nicht die Menschen, sondern die Fabelwesen sind,
die die dankbarsten Rollen abgeben. Ingo Brosch, Anna Böttcher,
Attila Borlan und Veit Stiller spielen mit Lust am Spucken
und Fliegen, Zaubern und Weisesein. Den Sprechdarstellern
steht eine Sängerriege gegenüber, in der vor allem Doerthe
Maria Sandmann und Jan Kobow auffallen: die eine mit glänzendem,
obertonreichen Sopran, der andere durch Spielfreude und
einen natürlichen, gepflegten Tenor. Die Akustik spielt
den Sängerstimmen zu, während sie das kleine Orchester,
das Concerto Brandenburg, extra trocken und dezent erscheinen
läßt. Lars Werneckes Inszenierung schickt Heiden und Christen
mit Genuß durch den verwinkelten Kirchenraum. Und wer erwartet
hat, daß sich die Heilig-Kreuz-Kirche zu heilig ist für
einen Prosecco in der Pause, wird auch hier freundlich überrascht.
Gleich neben dem Schlachtfeld, den Sümpfen und der Eislandschaft
nämlich liegt das kirchliche Stehcafé.
CHRISTIANE TEWINKEL
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Die Märkisch-Oder-Zeitung schreibt am 5. Oktober 2001
über unsere Produktion von Purcells "King Arthur"::
Eine
Burleske voller Fantasie
Henry
Purcells Semi-Oper "King Arthur" in der Berliner
Heilig-Kreuz-Kapelle
Animierter
Einsatz: (v.l.): Katrin Brockmann (Matilda), Anja
Stöhr (Emmeline), Hermann Große-Berg (König
Arthur) und Veit Stiller (Merlin) in der Purcell-Oper
"King Arthur".
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Von LORENZ TOMERIUS
Berlin. Begeistert applaudiert und aus vielen Gründen
ein kleines Ereignis ist die gelungene Aufführung des
selten zu hörenden, noch seltener szenisch zu erlebenden
"King Arthur" von Henry Purcell in der Heilig-Kreuz-Kirche
in Berlin-Kreuzberg. Ein Chor, die 1987 gegründeten
"vocal-concertisten berlin", dessen über
30 Mitglieder aus ganz Deutschland zu Proben nach Berlin
kommen, wünschte sich eine, eben diese, Oper in einer
szenischen Version. Purcell (1659-1695), wichtiger Vorgänger
Händels im englischen Musikleben, hat nur "Dido
und Aeneas" als "richtige" Oper hinterlassen.
Die anderen sind sogenannte "Masques", eine höfisch
unterhaltsame Mischung aus Schauspiel, Tanz und Musik. "König
Arthur" gehört zu den wenigen "Semi-Opern"
Purcells, die Drama und Musik ineinander verschränken.
Den jungen, frischen, weltweit gastierenden Chor, der seltenes
aus Renaissance und Barock vorm Vergessen bewahrt und Zeitgenössisches
bekannt machen will, reizte diese Mixtur.
Durchaus programmatisch beginnt er mit einem Purcell-Anthem
und schließt mit dessen moderner Variation durch den
zeitgenössischen Schweden Svan-David Sandström.
Dazwischen entfaltet sich mit dem Chor als wichtigem Handlungsträger,
dem 1998 gegründeten, auf historische Instrumentalpraxis
ausgerichteten "Concerto Brandenburg", einer Schar
vorzüglicher junger Sänger und einem agilen Schauspielensemble
das auf drei Stunden kondensierte Werk.
Lars Wernecke, der auch für die Textfassung nach John
Drydens Libretto zeichnet, inszeniert das in dem hohen Backsteingotik-Geviert
des modernisierten Sakralbaus so klug wie lebendig. Emporen,
Seitentreppen, Altarraum, Mittelgang werden immer wieder
überraschenden
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Variationen zur Spielfläche. Viel Geld steht nicht
zur Verfügung, aber man hat Fantasie. Das gilt bei
Monika Gora für die Bühne und farbig, frisch und
witzig auch bei Andrea Hoppen für die Kostüme.
Nicht nur die Könige aus mythisch frühem Mittelalter,
als in England noch Briten mit Angelsachsen in Fehde lagen,
sind hier einzukleiden. Nicht nur mit schweren Schwertern
ging man aufeinander los, sondern auch mit Hilfe von Magier,
Zauberern, Erd-, Luft- und Kältegeistern. Und es ging
nicht nur um Land, sondern um schöne Frauen wie hier
zwischen König Arthur (Hermann Große-Berg) und
seinem keltischen Widersacher König Oswald (Benjamin
Morik) um Emmeline (Anja Stöhr).
Schäferidyllen, Zauberbeschwörungen, Natur- und
Herzenskatastrophen sind ein musikalisch, aber auch darstellerisch
gefundenes Fressen für Chor, Orchester, Sänger
und Schauspieler. Das Publikum genießt den aufs gemeinsame
Werk gerichteten animierten Einsatz aller Mitwirkenden und
beklatscht oft spontan ein Solo, eine Szene, einen Regieeinfall.
Lars Werneckes Textfassung hat Witz und Humor. Seine Regie
entscheidet sich bewusst fürs Burleske, Komödiantische
im Mythischen und Märchenhaften. Das korrespondiert
sehr gut mit der Musik, deren Würde, deren Witz und
Atmosphäre zumal von den Sängern (Hedwig Westhoff-Düppmann,
Doerthe Maria Sandmann, Jan Kobow, Henning Voss, Kai-Uwe
Fahnert) so gut getroffen wird.
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Die Braunschweiger Zeitung bespricht am 2. Mai 2001 unsere
Aufführung des Mozart Requiems in Schöningen vom 29. April:
Zwischen Inferno und
Paradies,
Gericht und Gnade
Mozart-Requiem
und Purcells "Funeral Music of Queen Mary" in
Schöninger St.-Lorenz-Kirche: Ein Vortrag voller Mythos
und Pathos
Die
Berliner Vocal-Concertisten im Zusammenwirken mit
den Mecklenburger Kammersolisten. Foto: Henner Flohr
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Von Gerd Klingeberg
SCHÖNINGEN:
Atemlose Stille lag über dem Kirchenraum, als die letzten
Takte des "Lacrimosa" verklungen waren. Nein,
dies war kein "Unterhaltungs"-Konzert. In einer
Zeit in der der Tod weitgehend ins Abseits verbannt wird,
evoziert seine Inszenierung Trauer und Bestürzung,
aber auch Faszination. Als Beispielhaft dürfen für
diesen Sachverhalt Henry Purcells "Funeral Music of
Queen Mary" und Wolfgang Amadeus Mozarts "Requiem"
gelten - Werke, deren jeweiliger Hintergrund fast zu einer
Art Mythos geworden ist. Ihre Aufführung in der St.-Lorenz-Kirche
machte Schöningen, das auch sonst kein kulturelles
Niemandsland ist, gar zu einem gelobten Land, so Stadtdirektor
Jürgen Lübbe in seinem Grußwort.
Unter der Leitung von Kristian Commichau gelang eine Interpretation
von größter Eindringlichkeit, die mit geradezu
erschütternder Ausdruckskraft und Emotionalität
dennoch auf jede Schwülstigkeit verzichtete. Wie eine
Klammer zu beginn und Ende des Konzerts fungierte dabei
Purcells "March", dessen dumpfe Paukenschläge
und düsteren Blechbläser-Akkorde Bilder einer
grandiosen Trauerzeremonie für die 1695 verstorbene,
überaus beliebte Queen Mary vor dem geistigen Auge
entstehen ließen. Voller Empfindsamkeit wurde dagegen
von den Vocal-Concertisten das choralhafte "Thou knowest,
Lord, the secrets of our hearts" gesungen, das in seiner
bittersüßen Harmonik einen tröstlichen Gegenpart
bietet.
Mozarts Requiem lieferte ebenso diesen krassen Wechsel
zwischen Inferno und Paradies, Gericht und Gnade, Erschrecken
und Zuversicht. Da steht das in seiner apokalyptischen Brutalität
pathetische "Dies irae", bei dessen dramatischer
Gestaltung kalte Schauer über den Rücken liefen,
neben einem versöhnlichen "Tuba mirum", ein
von Schreckensvisionen geprägtes "Rex tremendae
majestatis" oder die Flammen der Hölle lautmalendes
"Confutatis maledictis" neben dem trostvoll milden
"Recordare", letzteres ein Paradestück für
das perfekt harmonierende Solistenquartett.
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Doerthe Maria Sandmann gefiel mit ihrem glasklaren tragfähigen
Sopran. Henning Voss (Altus) und Sebastian Noack (Bass)
intonierten exakt und krafftvoll ebenso wie Jan Kobow (Tenor),
der mit einem Hauch von Theatralik garnierte. Die Mecklenburger
Kammersolisten spielten in bester Abstimmung, folgten den
straff vorgegebenen Tempi allerdings zeitweise etwas schleppend.
Der Chor - mit einem leichten Übergewicht an Männerstimmen
- wirkte als ausgesprochen homogener und kompakter Klangkörper
und überzeugte mit sauberer Artikulation und breit
gefächerter, sich vital evalvierender Dynamik.
Zwischen den beeindruckenden musikalischen Darbietungen
ließen die von Walter Jens erdachten und vorgetragenen
Texte Raum zur Nachdenklichkeit. Der Philologe und Schriftsteller
bestach durch Aussagekraft und Authentizität, lieferte
er doch mit seinen kurzen Essays weit mehr als reine Hintergrundinformation,
zitierte, kommentierte und provozierte vielmehr mit dem
Ziel, ein größeres Verständnis für
die Musik zu entwickeln und diese intensiver zu erleben,
ohne einer falsch verbrämten "Ars moriendi"
das Wort zu reden. Eine Rechnung, die ohne Zweifel aufging.
Die Konzertabfolge endete abrupt. Mozart konnte sein Requiem
nicht zu Ende bringen. Purcells Trauermarsch als Abschluss,
keine Zugabe - das Leben gibt auch keine - die Inszenierung
folgt der Realität. Es bedurfte einer kurzen Zeit der
betroffenen Stille - wer lebt, ist zwangsläufig betroffen-,
bis sich langanhaltender Applaus als Dank für ein außergewöhnliches
Konzertereignis befreiend Bahn brach. Draußen scheint
warm die Sonne. Wie wohltuend ...
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Als Besprechung unseres Konzertes am 26. November in Potsdam
schreiben die Potsdamer Neuesten Nachrichten am 30. November
2000:
Meisterliche
Töne
Die Berliner Vocal-Concertisten unter Kristian
Commichau sangen in der Friedenskirche |
Nicht zum ersten
Mal gastierten die Berliner Vocal-Concertisten unter Kristian
Commichau, dem Professor für Chorleitung an der Universität
Potsdam, in der Friedenskirche, die trotz der Vielzahl von
Konzerten um den Totensonntag voll besetzt war. Dies lag sicher
an dem ausgezeichneten Ruf, den sich dieses Laienensemble
seit dreizehn Jahren erworben hat. Der Chor widmet sich neben
der Interpretation geistlicher und weltlicher a-cappella Musik
der Renaissance und des Barock auch mit großem Engagement
der Musik des 20. Jahrhunderts und schließt sie dank
seiner herausragenden Qualität auch für Skeptiker
auf.
Der Bezug auf den Totensonntag - die Vokal-Concertisten
sind ein weltlicher Chor - fand sich in ihrem Programm lediglich
in den beiden Motetten von Johann Sebastian Bach: "Der
Geist hilft unser Schwachheit auf" BWV 2269 1729 als
Begräbnismusik für den Thomas-Rektor Ernesti komponiert,
und "Komm, Jesu komm, mein Geist ist müde"
BWV 229. Das zweite geistliche Werk, die Messe von Frank
Martin, ist keiner Kirchenjahreszeit zugeordnet.
Deutlich war die innige Vertrautheit des
Chors mit den Motetten zu spüren. Sie kennen jeden
Ton, jede Koloratur, jede Nuance "wie im Schlaf".
So war es dem Dirigenten ein Leichtes, auf dem dazu stimmtechnisch
hervorragend geschulten "Instrument" zu spielen,
z.B. das tongemalte Bild des schwingend-schwebenden Geistes
auch klanglich darzustellen, wie das klagende Seufzen zu
akzentuieren. Die inhaltliche Gliederung zeichnete Bachs
Denken nach, unter Zuhilfenahme terrassendynamisch eingesetzter
Abstufungen. Überwältigend klangschön und
sinngerecht sowie in angemessenen Tempi brachten die Choräle
die Motettenaussagen dann zum Zielpunkt. In der 2. Motette
ließen die dynamischen Abstufungen die Textwiederholungen
erkennen, mit denen Bach die ihm wichtigen Aussagen unterstrich.
Warum dieser Chor die Koloraturen nicht legato sang, wie
sie gedacht sind, ist eigentlich nicht zu begreifen. Was
sich mit dem Aufbau des Podiums für den dann erscheinenden
Cellisten Martin Seemann ankündigte, fand man (bei
dämmeriger Beleuchtung) erst nach heftigem Blättern
im Programmheft, nämlich dass dieser J.S. Bachs Suite
für Violoncello Solo Nr. 5 c-Moll BWV 1011 spielen
sollte. Die dabei zu Gehör gebrachten Finessen- die
als "Scordatur" bezeichnete Herabstimmung der
A-Saite auf das tiefere "g" wird mancher allenfalls
zuhause nachgelesen haben, statt es als unübliche Dunkelfärbung
des Klangs sogleich zu registrieren. Nirgendwo war angezeigt,
dass die Suite in Teilen interpretiert wird oder dass das
in die Messe Martins eingebaute Cellospiel (in Raten) das
"Requiem für Solocello" 1979 von Peter Sculthorpe
sei, was sich erst durch nachblätterndes Suchen bei
geteilter Aufmerksamkeit herausstellte. Das Einsparen der
jeweils tagesaktuellen Programmfolge ging entschieden zu
Lasten der Hörfähigkeit, was doch wohl nicht beabsichtigt
sein durfte.
Martin Seemann stellte uns also mit souveräner
Streichkunst die von ihm wohldurchdachte Suite vor, locker
bewegt in den schnellen Sätzen, klangintensiv aber
nicht sonorig-dick tönend in Sarabande, alles liebevoll
ausmalend in barocker Art.
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In dem folgenden Werk des Norwegers Knut
Nystedt (geb.1915), in dem er aber das vertraute "Komm,
süßer Tod" Bachs BWV 478 ein zwanzigstimmiges
changierendes Klangstück baute, variieren "kleinste
Stimmgruppen einem Schema folgend die Tondauer und lassen
den Choral zu einem meditativen Erlebnis werden", erläutert
das Programm. Unvorbereitet gerät man ins Staunen über
diese neuen Klangwelten und die Fähigkeit des Chors,
die Stimmung zu halten. Sven-David Sandström, geboren
1942 und in Schweden als einer der bedeutendsten Komponisten
bekannt, benutzt als Basis seines Werks das Fragment der
Motette "Hear my prayer, o Lord" von Henry Purcell,
dessen achtstimmigen Notentext er mit flirrenden Akkorden
bis ins Extrem verschärft als Ausdruck des Flehens,
bis sich die acht Stimmen zu einem innigen C-Dur in tiefer
Lage zusammenfinden. Ganz extrem ist auch das Nutzen stammelnder
Dichtung des Schizophrenen Adoph Wölfli (1864 - 1930),
die Per Norgard zu dem dreisätzigen Chorwerk "Wie
ein Kind" ausformt, dessen Lautworte er wie einen Singsang
musikalisch überzieht und irgendwie erschreckend zuspitzt.
Der "I-Punkt" war das Bewusstmachen des seelisch
Kranken mit der Person des herumirrenden, hineinschreienden
Bassisten. Darauf setzte Commichau den zweiten Teil der
Bach-Suite für das Solo-Cello!
Frank Martins einzige Messe für zwei
vierstimmige Chöre von 1923 kontrastierte natürlich
stark mit dem Cello-Werk, obgleich die Dichte, die Konzentration
der Mittel bei Bach Martin ähnlich sind. Sieben Jahre
schreiben, feilen, neuschreiben, verdichten führten
doch dazu, dass Martin das Werk vierzig Jahre liegen ließ.
Dass Martins Sprache Anregungen aus der Gregorianik, aus
Pentatonik, dem französischen Impressionismus mit modernen
Techniken zu ganz Eigenem schafft - dieses Neue ließ
sich aus der sorgsamen klanglichen wie sprechtechnischen
Interpretation des Chors bewegend ablesen, die anscheinend
mühelos, auf alle Fälle souverän erbracht
wurde und erst gegen Ende des fast zweistündigen Konzerts
ein wenig an Spannung einbüßte, obwohl er alte
Hürden mit bewundernswerter Sauberkeit und Klangkultur
meisterte. Zwischen Gloria und Credo erklangen die ersten
Sätze des "Requiems für Cello-Solo",
für das auch das nun moderne Instrument um einen Ganzton
herabgestimmt werden musste, damit die teilweise gregorinnisch
inspirierten Melodiefolgen spielbar wurden. Martins "Sanctus"
und "Agnus die" mit den irisierenden Farben ließen
die Hörer eine Weile nachklingen.
Ein Mammutprogramm mit nur zu vermutendem
roten Faden, technisch und ausdrucksmäßig in
jeder Hinsicht ungemein beeindruckend, wenn auch bis an
die Grenze der Zuhörfähigkeit (ohne Pause) gehend.
GERDA REINHOLD
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Zur Ankündigung unserer Konzerte in Berlin und Postdam im
November 2000
schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 24. November
2000:
Cäcilien
tief in die Augen geschaut
Die "vocal-concertisten berlin" kümmern
sich um das Unerhörte |
Auf dem Schreibtisch
liegt eine CD. "Blessed Cecilia" heißt ihr Titel, der verkürzt
das Gemälde "Die heilige Cäcilie mit dem Engel" von Carlo
Saraceni zitiert, welches als Reproduktion das Plattencover
schmückt. Das Bild zeigt die Namensgeberin beim Musizieren
an der Laute, an ihrer Seite thront ein flügel- und cellobewehrter
Engel, der Cäcilien über die Schulter hinweg tief in die Augen
schaut. Das erste Erstaunen darüber, was all dies denn mit
den Hauptwerken der auf dieser CD bruchstückhaft versammelten
Stücke zu tun haben soll, mit Bachs h-Moll-Messe und Händels
"Messiah", verflüchtigt sich bald. Denn auch Brittens wundersame
Motette für fünf Stimmen a cappella "Hymn to St. Cecilia"
findet sich im Werkverzeichnis. Und die sechsstimmige Motette
"Cantate domini" von Monteverdi und Cavallis "Salve Regina"
für vier Männerstimmen; beides, wie der Britten, A-cappella-Stücke,
die im Konzertsaal so gut wie nie und in Kirchen kaum je aufgeführt
werden. Der Verdienst, sie aufgenommen zu haben - es war 1997,
anläßlich des zehnjährigen Bestehens - und damit das Unerhörte
einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu haben,
gebührt einem Laienchor, der seit seiner Gründung 1987 nicht
nur in Berlin, sondern darüber hinaus auf fast allen Kontinenten
der Welt regelmäßig Konzerte bestreitet (und einige Preise
eingeheimst hat): den "vocal-concertisten berlin". Der Name
ist Erinnerung - an jenen hinlänglich bekannten Begriff des
konzertierenden Stils im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert.
Kein Geringerer als der große Motettenmeister Heinrich Schütz
beschrieb einst vortrefflich, was unter dem Begriff zu verstehen
sei: |
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"Es müssen die Cori favoriti" (vulgo:
concertisten) "von den Capellen wohl unterschieden werden.
Cori favoriti werden mit diejenigen Chor und Stimmen genennet,
welche der Capellmeister am meisten favorisieren und aufs
beste und lieblichste anstellen soll, dahingegen die Capellen
zum starken Gehör und zu Pracht eingeführet werden."
Gefragt war also, um die "Cori favoriti"
überhaupt erst ins Leben hinüberholen zu können, ein
"Capellmeister". Kristian Commichau ist Kapellmeister, genauer
gesagt: studierter Schulmusiker mit den Schwerpunkten Gesang
und Dirigieren. Er gründete 1987 die vocal-concertisten
und ist noch heute ihr Leiter. Auch was die Wahl der Literatur
betrifft, setzt das Ensemble auf Kontinuität. Künstlerisches
Ziel war es von Anbeginn an, selten gesungene geistliche
wie weltliche A-cappella-Werke dem Publikum nahezubringen.
Das Programm der drei Konzerte, die die vocal-concertisten
an diesem Wochenende geben, dokumentiert dies nachdrücklich:
"A cappella 2000" bringt unter anderem zwei Teile der Trilogie
"Wie ein Kind" des zeitgenössischen schwedischen Komponisten
Per Norgard zu Gehör, der einen aus verbalen Verfremdungen,
Wortneuschöpfungen und Klangspielen eines Geisteskranken
bestehenden Text von Adolph Wölfli vertont hat. Des weiteren
singt das Ensemble eine Bach-Kantate, Frank Martins Messe
für achtstimmigen Chor, "lmmortal Bach" von Knut Nystedt
und Sven-David Sandströms "Hear my prayer, o Lord". Es lohnt
sich hinzugehen.
JÜRGEN OTTEN
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Als Besprechung unseres Konzertes im Rahmen der Schöninger
Orgeltage am 11. November
schreibt die Braunschweiger Zeitung am 14. November 2000:
Berliner a-cappella-Ensemble bot virtuoses Abschlusskonzert
der Schöninger Orgeltage - Motetten und Messe
Wie eine Winterlandschaft in fahlem Gegenlicht
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SCHÖNINGEN.
Freunde anspruchsvoller a-capella-Chormusik kamen voll auf
ihre Kosten beim Abschlusskonzert der Schöninger Orgeltage.
Mit zwei selten zu hörenden virtuos gestalteten Bachmotetten
("Der Geist hilft unser Schwachheit auf", "Komm
Jesu, komm") demonstrierten die "vocal-concertisten
berlin" gleich zu Beginn ihre ausgefeilten Gesangsqualitäten.
Unter der präzisen Führung von Chorleiter Kristian
Commichau gelang eine von großer Lebendigkeit und tiefer
Inbrunst geprägte Interpretation.
Mit einer kurzen Erläuterung der folgenden
Stücke bot Commichau den Zuhörern Hilfestellung,
" ... das Wagnis zeitgenössischer Musik einzugehen".
Nun, so groß war das Wagnis nicht, denn durch die
absolut saubere Intonation und Stimmführung des Chores
wirkten die Kompositionen von Nystedt und Sandström
mit ihren sirrenden Akkordfolgen und meditativen Schwebungen
neu, aber nicht fremd oder gar bedrohlich. Sicher schwieriger
im Zugang das von Wort und Klangneuschöpfungen bestimmte,
dabei mit depressivem Sentiment behaftete Werk Nørgårds
"Wie ein Kind". Hier sei die Frage nach dem Zusammenhang
dieses Stückes mit der Aussage des Gesamtprogramms
gestattet.
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Frank Martins Messe beeindruckt durch
starke Textbezogenheit und straffe Strukturierung der Komposition,
die fast ausnahmslos auf zierendes Beiwerk verzichtet.
Sie bietet nicht die Wärme und Emotionalität
barocker oder romantischer Chormusik, sondern fasziniert
mit herber Schönheit und teils schroffen Kontrasten
wie eine Winterlandschaft in fahlem Gegenlicht. Mit ausgeprägter
Artikulation, akzentuiert und in kaum zu überbietender
Akkuratesse und Ausgewogenheit bewältigte der Chor
dieses aufwühlende und fesselnde, einzige geistliche
a-cappella-Werk des Komponisten.
Gleichsam als Programm neben dem Programm
spielte Friederike Wemer-Kriatchko im Wechsel mit dem Chor
und eingebettet in die Abschnitte der Martin-Messe Orgelwerke
von Bach, Gigout und De Grigny. Die Umstellung auf unterschiedliche
Musik irritierte zunächst, bot aber durch das in langen
Phase gezielt zögerliche, dabei einfühlsame Spiel
der Organistin auch Raum zum Nachdenken. Keine leichte Muse
also, sondern bewusste Auseinandersetzung mit tiefgründigen
Inhalten war an diesem Abend angesagt. Das gefiel, ohne
gefällig zu sein. Kräftiger Beifall und eine rote
Rose für jeden Sänger.
Kl
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Über unser Konzert am 21. Mai 2000
in der Friedenskirche Potsdam
schreiben die Potsdamer Neuesten Nachrichten am 24. Mai 2000:
Innige Leuchtkraft
und leichtfüßige Vitalität
"vocal-concertisten" mit Bach in der Friedenskirche
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Mit ihrem Programm
"Bach 2000" traten die Berliner "vocal-concertisten" unter
ihrem Leiter Kristian Commichau nicht als erste in diesem
Jahr an, den Thomaskantor 250 Jahre nach dessen Ableben zu
ehren. Dass sie jedoch gewillt waren, den zahlreichen Bach-Konzerten
nicht ein beliebiges weiteres hinzuzufügen, machte das Ensemble
mit einer Intensität und Leuchtkraft deutlich, die weithin
den Atem stocken ließ. Drei Motetten und die frühe
Kantate "Christ lag in Todesbanden" BWV 4 sorgten beim Publikum,
das am späten Sonntagnachmittag in großer Zahl in die Friedenskirche
gefunden hatte, für außergewöhnliches Hörvergnügen. Die
Motetten BWV 225 - 230 nehmen unter den Vokalwerken Johann
Sebastian Bachs eine herausragende Position ein. Mit der Entscheidung
für die Hinzunahme von Instrumenten folgte Kristian Commichau
einer mittlerweile auf dem Gebiet der historisierenden Aufführungspraxis
verbreiteten Ausübungsweise, die sich am damals üblichen
Gebrauch orientiert. Dem ausgeprägten Vokalcharakter
der Kompositionen Rechnung tragend, ordneten sich die Instrumente
hier völlig dem Stimmklang unter. Vorn ersten Ton an
zeigten sich die "vocal-concertisten" hochgradig präsent
und ausnehmend klangschön. Trotz aller kontrapunktischen
Dichte gerade im achtstimmigen Satz blieben die Kompositionen
stets hell und leicht, was vor allem einer herausragenden
Stimmkultur des Chores zu danken ist. In allen Stimmen bestens
besetzt, zeichnete sich das Ensemble durch große Geschlossenheit
und schlanke Tongebung aus, die gerade den Oberstimmen beeindruckende
Klarheit verlieh. Vibrato fand man allenfalls als bewusst
genutztes Gestaltungsmittel, nicht jedoch als Dauerzustand.
Darüber hinaus trugen besonders die makellose Textbehandlung
und ein überaus reiches dynamisches Differenzierungsvermögen
die Interpretation. Kristian Commichau zeigte sich dabei als
umsichtiger und feinfühliger Chorleiter. Allein die weiten
Spannungsbögen, die er mit seinem Klangkörper öffnete
und in weichen Phrasenenden wieder auffing, erwiesen sich
als höchst bemerkenswert und wohldurchdacht. Welch sprechende
Wirkung entfaltete doch das nur winzige Innehalten auf der
"Schwere" (des sauren Wegs) in der Motette .,Komm Jesu, komm",
um nur ein Beispiel zu nennen! |
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Eingebettet in
die lichten Klangkunstwerke Bachs fanden sich Orgelwerke Max
Regers, denen Hausherr Matthias Jacob facettenreiche Gestalt
verlieh. Trotz ihres spätromantischen Klangkostüms,
welchem die Disposition der Orgel der Friedenskirche sehr
entgegen kommt, blitzt in der strengen kontrapunktischen Behandlung
des Materials an allen Ecken und Enden das Vorbild Bach hindurch.
Matthias Jacob suchte durch gedeckte und über weite Strecken
dunkel getönte Registrierung vor allein den Kontrast
zwischen den Klangsphären Bachs und Regers zu betonen,
wodurch er eine ganz eigene, gegenpolige Komponente in das
Konzertprogramm einbrachte. Mitreißende Agilität
und spürbare Begeisterung für die tänzerischen Qualitäten
der Bachschen Musik ließen die Kantate "Christ lag in Todesbanden"
zum erlesenen Genuss werden. Hier nun traten die auf historischen
Instrumenten spielenden Musiker des Concerto Brandenburg ans
dem Schatten der Vokalstimmen hervor - den Unterschied von
Motette und Kantate nachdrücklich verdeutlichend und
ihrerseits mit nahezu sängerischer Tongebung und viel
Klangsinn. Die Kantate, deren Entstehung wahrscheinlich mit
Bachs Bewerbung um die Organistenstelle in der Mühlhäuser
Blasiuskirche im Zusammenhang steht, stellt in ihrer Art eine
Besonderheit dar. Sie öffnet den Blick auf eine Vielzahl
unterschiedlichster Kompositionstechniken, die von den Chor-
und Instrumentalstimmen bis hin ins nahezu halsbrecherische
Tempo des Hallelujah am Ende des ersten Verses mit staunenswerter
Durchsichtigkeit nachgezeichnet wurden. Lediglich im vorhergehenden
cantus-Firmus-Satz hätte man sich die im Diskant liegende
Choralmelodie prägnanter vorstellen können, wenngleich
sich die frei konzertierenden Unterstimmen akzentuiert von
der legato-Melodie absetzten. Die eigentlich solistisch angelegten
Verse der Kantate chorisch singen zu lassen, ist sicherlich
ungewöhnlich und nicht unproblematisch. Die leichte und
ungemein bewegliche Stimmführung der Sängerinnen
und Sänger ließen das Konzept jedoch aufgehen, wie schon
das beseelte Ineinanderaufgehen der Frauenstimmen im zweiten
Vers oder der hinreißend musizierte dritte Vers bewiesen.
Alles in allem ein Bach von nachwirkender Lebendigkeit und
Ausstrahlung, der viel Lust auf mehr machte.
CHRISTIAN WIECHEL
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